Ein Road Trip aus der Hoffnungslosigkeit

Nach ewigen Problemen können wir endlich wieder Spiele aus dem Gamepass spielen – und das erste, was wir uns ausgesucht haben, hatte es direkt in sich. Road 96 ist ein sehr interessantes Spiel, mit vielen guten Ideen – wie die insgesamt bei mir angekommen sind, lest ihr hier.

Die Beschreibung las sich sehr interessant. Ein prozedural generiertes Spiel, in dem man als Teenager einen Road Trip unternimmt. Keine Reise ist wie die andere, und die Welt um uns herum auch nicht normal: wir machen diesen Ausflug nicht aus Spaß, sondern um zur Road 96 zu kommen, der einzigen Straße heraus aus diesem Land, das von einem Diktatoren und Oligarchen regiert wird. Die Gesellschaft ist am Ende, genau so wie die Wirtschaft, und wir haben keine Perspektive. Den einzigen Ausweg den wir sehen, ist die Flucht.

Wir begegnen auf unserer Reise vielen verschiedenen Gestalten – die beiden sind meine Lieblinge

Doch wie genau läuft das ab? Erst einmal zum technischen: es handelt sich um ein Spiel mit Low-Poly-Grafik, dass in der Ego-Perspektive gespielt wird. Hauptsächlich laufen und interagieren wir, um unsere Reise zur Grenze zu schaffen. Wenn wir die Grenze überquert haben (oder vorher geschnappt wurden oder gestorben sind), fängt es von vorne an, mit einem neuen Jugendlichen; es wollen wirkliche alle aus diesem Land fliehen.

Wir können die Pfade jedes Durchlaufs verfolgen

Wir haben dabei verschiedene Verkehrsmittel zur Auswahl – trampen, den Bus, wir können ein Taxi rufen oder uns sogar ein Auto klauen. Mit diesen Reisen wir dann von Station zu Station. Auf den Fahrten und auch an den Stationen treffen wir dann die Nebencharactere, deren Story und Verbindung zueinander wir dabei langsam aber sicher entschlüsseln. Wir können uns immer Entscheiden, ob und wie wir helfen, und welche Einstellung wir selber zur Situation in unserem Land haben – wollen wir einfach nur fliehen, muss es eine Rebellion geben oder vertrauen wir auf die bald stattfindenden Wahlen, die alles ändern sollen?

Manchmal besteht die Hilfe auch aus Minispielen – dabei kommt man ins Gespräch

Ich möchte nicht auf die Stories im einzelnen eingehen, kann aber sagen, dass sie nicht nur grundsätzlich interessant ist, sondern durch die spezielle Erzählweise auch sehr gut inszeniert wird – man spürt Auswirkungen von Gesprächen bei einer anderen Person, deren Schicksal dann doch irgendwie damit verbunden war. Man erlebt durchaus einige leichtere Plottwists, die das Spiel spannend machen und einen immer weiter spielen lassen. Und man enthüllt das ein oder andere Geheimnis.

Manchen Characteren begegnet man immer wieder

So positiv das alles klingt, und so viel Spaß wie mir das Spiel auch gemacht hat, es gab trotzdem ein paar Punkte, die ich nicht so sehr mochte. Zum einen das Buzzword „prozedural generiert“. Dieses Wort mag ich seit „No Man’s Sky“ nicht mehr, und auch hier habe ich nicht verstanden, wie es die Geschichte beeinflusst haben soll. Dadurch, dass die Story aller Charactere komplett ausgebaut ist, inklusive aller alternativen Enden, hat es mehr die Form einer verzweigten Geschichte – nicht schlecht, aber aus meiner Sicht nicht „prozedural“. Die Umwelt sieht auch immer relativ gleich aus, daher wäre das für mich zumindest kein Verkaufsargument.

Das zweite waren die Entscheidungen. Mit jedem Character kann man lange und sehr interessante Gespräche führen – es ist allerdings immer relativ klar, wohin einen die Antworten, die man gibt, bringen. Entweder man unterhält sich lange und erfährt somit viel von der Story, oder man bringt es schnell hinter sich und erfährt eben nicht so viel. Viel verändern tut sich deswegen nicht. Vielleicht würde einem das beim erneuten Durchspielen mehr auffallen, da man dann aber die Story im Prinzip schon kennt, sehe ich wenig Reiz darin.

Zwei Optionen. Hören wir ihm zu oder verabschieden wir uns direkt?

Der letzte Satz ist auch für meinen letzten Kritikpunkt wichtig: irgendwann kennt man die Story. Oder kann sich die restlichen paar Unklarheiten gut zusammenreimen. Das man dann aber trotzdem noch zwei oder drei Durchläufe vor sich hat, ist aus meiner Sicht nicht so glücklich. Ich bin durch die letzten beiden Läufe eher durchgerannt, da viele Informationen an diesem Punkt doppelt und dreifach genannt wurden – das war schade. Aber es war auf keinen Fall so schlimm, dass ich das Spiel deshalb abgebrochen hätte.

Wir wissen, was damals passierte – diese Unterhaltung war trotzdem nochmal sehr emotional

Diese Punkte machen Road 96 aber bei weitem nicht zu einem schlechten Spiel. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich wollte zum Ende wirklich dringend wissen, wie es denn nun ausgeht. Das Ende war dann okay. Nicht enttäuschend, nicht atemberaubend – einfach erwartet gut. Es gab den ein oder anderen emotionalen Moment, und man hatte durchaus das Gefühl, etwas geschafft zu haben – auch, wenn es ein langer Weg dahin war. Manche Charactere waren einem durchaus ans Herz gewachsen und entsprechend hat man sich bei deren weiteren Geschichten gefühlt. An diesem Punkt möchte ich auch noch einmal das großartige Sounddesign und die Soundtracks erwähnen, die das Spiel sehr gut untermalt haben.

Tu es nicht!

Ich würde mich freuen, wenn es noch mehr solcher Spiele gäbe. Wenn wir welche finden, probieren wir sie auf jeden Fall aus. Wie seht ihr das? Hat euch das Spiel gefallen? Habt ihr es auch gespielt und hattet vielleicht ein ganz anderes Erlebnis als ich? Dann diskutiert mit mir auf Discord darüber!