Die längste aller Reisen – Teil III

Heute sprechen wir über den dritten Teil der „The Longest Journey“-Reihe (Teil Eins und Zwei gibt es natürlich auch). Wir beenden damit den kleinen Abstecher in die sogenannte „Dreamfall-Saga“, die sich um Zoë Castillo dreht – und es findet ein weiterer Genrewechsel statt. Kann uns das Spiel überzeugen? Lest es hier!

Dieser Artikel wird wie die beiden vorherigen möglichst spoilerfrei sein, dadurch aber auch ein wenig kürzer. Denn allzu viel hat sich insgesamt zum Vorgänger gar nicht geändert – dennoch genug, als das ich behaupten würde, dass es sich um ein neues Genre handelt (oder zumindest eine signifikante Erweiterung des alten).

Arcadia und Stark sind wieder mal in Gefahr (oder immer noch?)

Beginnen wir doch aber lieber mit den Gemeinsamkeiten: das Spiel ist wieder ein 3D-Adventure, für das sich die Steuerung mit dem Gamepad als am besten herausgestellt hat. Wir spielen wieder drei Personen – welche das sind, findet ihr nur im VOD oder beim selbst spielen heraus. Es kommt auch hier wieder zu diesen interessanten Perspektivwechseln, die mich schon im ersten Teil so begeistert haben, und den Charakteren mehr Tiefe gibt. Ich fand es schön, dass die Entwickler das beibehalten haben.

Das Spiel bietet außerdem wieder eine umfangreiche und interessante Story mit vielen Hintergrundinformationen zu der Geschichte, den Ereignissen seit dem letzten Teil und den Personen, die wir schon kennen und auch denen, denen wir noch begegnen. Wir treffen auch wieder alte Bekannte aus den vorherigen Teilen und besuchen Orte wieder – diesmal ist der Effekt dabei aber nicht so stark wie beim Wechsel von ersten auf den zweiten Teil.

Dieser Bereich sah mal ganz anders aus

Darauf möchte ich kurz eingehen, da es im letzten Post zu kurz kam: da „The Longest Journey“ ein 2D-Spiel war und nur eine feste Perspektive für jede Szene hatte, konnte der Nachfolger durch seinen Wechsel auf 3D ganz leicht neue Durchgänge und Elemente schaffen – die Erklärung war immer, dass sie vorher einfach von was anderem verdeckt wurden. Ein wie ich finde simpler, aber sehr guter Trick, um bekannte Orte erneut spannend zum Erkunden zu machen. Dieser Trick konnte jetzt natürlich nicht angewendet werden – die zeitliche Differenz zwischen den Teilen wurde jetzt genutzt, hatte aber natürlich ihre Grenzen.

Worauf ich nicht so sehr eingehen möchte, ist die Story selbst; alles was ich hier schreiben würde, würde den vorherigen Teil spoilern. Sagen kann ich aber, dass ich die Story einen schönen Abschluss zur gesamten Saga fand. Obwohl teilweise etwas langatmig und wieder mit kleinen Detailfehlern in der Kontinuität, empfand ich es beim Spielen als sehr spannend und unterhaltsam – ich hätte es definitiv bereut, den Teil nicht gespielt zu haben!

Viele neue Charaktere, viele neue Geschichten

Langatmig ist ein gutes Stichwort, um jetzt auf die Unterschiede zu wechseln. Eine wesentliche Änderung war die erneute Reduzierung der Rätsel-Elemente. Es gab wesentlich weniger Gegenstände, die man einsammeln musste, und noch weniger Situationen, wo man sie kombinieren musste. Nachdenken musste man hauptsächlich aufgrund der Umgebung – beispielhaft wären hier Schleichpassagen und Labyrinthe genannt, sowie einfaches Suchen nach Schaltern und Hebeln. Dies hatte aber auch mit dem Wechsel des Genres zu tun.

„Dreamfall Chapters“ wurde nämlich zu genau dem, was der Titel schon andeutet: ein kapitelbasiertes Spiel, aufgeteilt in fünf „Bücher“. Diese wurden original einzeln nacheinander veröffentlicht, ich hatte allerdings den „Final Cut“ und konnte alle nacheinander spielen. Aber es gab noch eine Änderung: das Spiel wurde mehr zum „grafischen Adventure“, etwas, was man auch gerne als „Walking-Simulator“ bezeichnet. Denkt einfach an Spiele wie „Life is Strange“ und „The Wolf Among Us„, dieses Genre meine ich.

Jede Entscheidung will gut überlegt sein

Genau wie diese Spiele gab es auch wieder eine Entscheidungsmechanik, und genau wie in „The Wolf Among Us“ und ganz anders als in „Life is Strange“, waren diese Entscheidungen oft schwer und hatten merkliche Konsequenzen für das spätere Spiel – teilweise in komplexen Kombinationen, wo drei Entscheidungen gleichzeitig Einfluss auf den weiteren Fortschritt hatten. Es gab sogar Entscheidungen, die das Spiel sofort beenden konnten – davon allerdings glücklicherweise nicht allzu viele.

Am Ende jeden Buches wurden die getroffenen Entscheidungen dann aufgelistet und in Relation zu den Entscheidungen anderer Spieler gesetzt. Außerdem wurde direkt aufgezeigt, wann eine Entscheidung Konsequenzen haben würde (nur benannt mit dem Kapitel, nicht mit einem Spoiler der Konsequenz an sich). Das fand ich sehr interessant, da man in den entsprechenden Büchern noch aufmerksamer darauf geachtet hat, was eine (scheinbar) kleine Entscheidung für Auswirkungen haben könnte. Dabei empfand ich alle Konsequenzen meiner Handlungen als nachvollziehbar und nicht erzwungen.

Jeder hier hat Gründe, uns nicht zu helfen – da ist Fingerspitzengefühl gefragt

Insgesamt war ich also sehr von diesem Spiel begeistert, aber es gab einen Punkt, der besser hätte kommuniziert werden können: das Spiel beruft sich an vielen Stellen auf Punkte aus den Vorgängern, vor allem aber auch auf den ersten Teil. Vermarktet wird dieses Spiel allerdings als eigenständig und ohne Vorwissen spielbar – das finde ich unglücklich. Für mich war es kein Problem, ich kannte ja alle Spiele aus der Reihe. Für Gelegenheitsspieler könnte dies aber Frust bedeuten, wenn man die anderen Teile nicht kennt.

In diesem Rätsel wird die Story des ersten Teils erzählt – also, wenn man sie denn kennt

Somit schließt sich die „The Longest Journey“-Reihe ab. Es gab wohl mal Pläne, noch einen Teil der Hauptsaga herauszubringen, allerdings ist daraus bisher wohl nichts geworden. Ich würde mich sehr freuen, wenn da noch einmal etwas käme, da mich das Spiel vor allem durch die umfangreiche, komplexe, aber vor allem Spannende Welt gepackt hat, von der ich gerne mehr sehen würde. Hoffen wir also, dass die Reihe noch nicht aufgegeben wurde – ich bin definitiv ein Fan!

Wie fandet ihr das Spiel? Mochtet ihr es? Wie findet ihr die Saga insgesamt? Habt ihr die Spiele selbst gespielt oder habt ihr es noch vor, um das Abenteuer selbst zu erleben? Diskutiert gerne auf Discord mit!