Was in Vegas passiert…

Zu Bethesda-Spielen habe ich ein schwieriges Verhältnis. Auf der einen Seite werde ich nie müde, die Bugs in Spielen anzukreiden und mich darüber aufzuregen, gerade bei diesem Publisher. Auf der anderen Seite gibt es Franchises, bei denen ich ohne mit der Wimper zu zucken das zweite meiner Maße ansetze. Aus einem dieser Franchises kommt das Spiel, um das es in diesem Artikel gehen wird – Fallout: New Vegas. Wie es lief und wie ich es fand, das lest ihr hier.

Der Charakter-Editor ist nicht so komplex wie in Teil vier, aber man kann sich eine Weile damit beschäftigen

Bis dato hatte ich tatsächlich nur ein Spiel aus der Reihe wirklich lange gespielt, und das war Fallout 4. Ich hatte es mir damals für den PC gekauft und war direkt gefangen in diesem unglaublich großen Universum, was die Entwickler geschaffen hatten. Klar, die Map war begrenzt, aber die darin enthaltenen Charaktere, Stories und Hintergründe hatten eine tiefe, die ich bisher von keinem anderen Spiel kannte.

Die Geschichten der einzelnen Personen war dabei nie unglaubwürdig und teilweise auch nicht allzu komplex. Das erstaunliche war eher, dass praktisch jeder eine hatte, und somit alles irgendwie erklärbar wurde – wer hat welche Motivation, tut darum was und wieso? Gepaart mit der unglaublich detaillierten Beschreibung der bisherigen Geschichte der Welt sowie den kleinsten Details, die überall verstreut ins Bild passten, konnte man sehr gut in diese Welt eintauchen.

Die E-Mails in jedem Gebäude erzählen ganze Firmengeschichten

Fallout: New Vegas steht dem ganzen in nichts nach. Klar merkt man dem Spiel an der ein oder anderen Stelle auch in der Erzählweise das Alter an, allerdings ist es trotzdem überwältigend tiefgründig an vielen Stellen. Ich möchte wie immer nicht allzu sehr auf die Story an sich eingehen – auch, weil dies viel zu weit führen würde. Ich kann aber sagen, dass das Spiel ein einziger Plottwist ist. Sobald man denkt, man habe jetzt alles verstanden und könne beurteilen, welche Seite die gute und welche die böse ist, kommt das Spiel und dreht alles wieder auf den Kopf. Ein Element, dass ich sehr an diesen Spielen mag.

Dadurch bekommt das Spiel auch eine Mechanik für Konsequenzen, die an sich gar nicht allzu komplex ist, sich durch die First-Person-Ansicht und die unumkehrbaren Folgen der eigenen Handlung aber sehr real anfühlen; zumindest mir lief an der ein oder anderen Stelle ein Schauer über den Rücken wenn ich realisiert habe, was ich mit einer bestimmten Aktion ausgelöst hatte.

Helfen wir oder helfen wir nicht? Davon hängen die Beziehungen zu allen Gruppen ab

Noch realer fühlten sich aber andere Situationen an: nämlich die, in denen man die Konsequenzen seiner Handlungen genau absehen konnte, aber nicht mehr sicher war, ob man diese Konsequenzen wollte. Dies hing oft damit zusammen, dass ein (storymäßig) zweidimensionaler Bösewicht plötzlich ein Geheimnis über seine Vergangenheit offenbarte und eine dreidimensionale Person wurde – meistens eine, die nur aus den Konsequenzen der unbarmherzigen Umgebung handelte oder Entschied.

Ein anderes Talent von Fallout ist das Side-Tracking. Es gab praktisch keinen Stream, in dem wir unser gesetztes Ziel nicht um Meilen verfehlten. Wir wollen eine Quest starten, kommen auf dem Weg dahin aber an einem interessanten Gebäude vorbei – zwei Stunden später suchen wir dann Raketentreibstoff und finden eine neue Waffe oder einen Vault, den es zu erkunden gilt. Man hat komplett vergessen, was man eigentlich wollte, und wo man eigentlich ist. Aber man hat jede Sekunde dabei Spaß.

Eine komplexe Story – als dreistündige Nebenquest

Das alles machte es an vielen Stellen im Spiel nicht allzu einfach zu entscheiden, was nun richtig oder falsch ist, und ich liebe es. Es ist für mich ein grandioses Storytelling wenn man so viele verschiedene Charaktere in eine so komplexe Beziehung zueinander setzen kann, ohne das (allzu große) Plotholes entstehen.

Kommen wir nach dieser Lobeshymne jedoch zu etwas, was ich persönlich den „Bethesda-Effekt“ oder auch die „Bethesda-Strategie“ nenne. Denn so grandios die Story des Spiels war, so schrecklich war eine andere Seite des Spiels: die technische.

Beginnen tut es damit, dass Fallout: New Vegas Bugs hat. Viele Bugs. Sehr viele Bugs. Tatsächlich so viele, dass man die Story nicht mal sicher bis zum Erstellen des Charakters spielen kann, ohne das es abstürzt. Von der absolut veralteten Grafik und den durchwachsenen Mechaniken mal abgesehen macht dies das Spiel fast unspielbar und wäre unter normalen Umständen direkt eine Rückgabe über Steam gewesen.

Manchmal half nur die Entwicklerkonsole

Doch ich wusste, das mich eine grandiose Story erwarten würde, und nahm somit einen Kompromiss in Kauf: Mods. Normalerweise würde ich das für ein Spiel nie tun, doch hier kommen die zweierlei Maß ins Spiel. Und die überragende Community von Fallout.

Diese Community ist sehr motiviert und repariert fast alles im Spiel. Es gibt alleine ungefähr zehn Mods, die die zufälligen Abstürze beheben sollen. Dazu noch sehr viele Verbesserungen der Grafik, des Gameplays und selbst des Sounds, und mit insgesamt um die 50 Mods ist das Spiel dann einigermaßen gut spielbar.

An dieser Stelle muss ich das „einigermaßen“ allerdings hervorheben. Trotz der unglaublichen Arbeit der Community hatten wir noch einige Abstürze, Grafikprobleme und Fehler in der KI – diese nahm ich dann allerdings, geblendet von der Welt und der Geschichte, in Kauf. Wie bereits gesagt eigentlich völlig untypisch für mich, in diesem Fall hat es sich allerdings wirklich gelohnt!

Es gibt sogar ganze Museumsführungen, um mehr über die Geschichte des Wastelands zu erfahren

Ich könnte noch seitenweise mehr über das Spiel schreiben, jedoch ginge das nicht ohne Spoiler. Ich denke der Fakt, dass ich ein heillos verbuggtes Spiel weitergespielt habe, um die Story und die Welt zu erkunden, sagt alles was man wissen muss. Empfehlen kann ich es jedoch nur bedingt: man muss das Spiel mit allen DLCs kaufen (für die Mods), eine große Hand voll an Mods installieren, was auch nicht für jeden trivial ist, und hat dann trotzdem noch eine durch Bugs und Abstürze eingeschränkte Spielerfahrung. Daher: für Fans der Reihe lohnt es sich, für alle anderen kann ich es nicht empfehlen.

Zu den DLCs sind wir kaum gekommen – an Inhalt fehlt es auf jeden Fall nicht

Ich bin daher auch nicht besonders auf die Story oder die Hintergründe der Fallout-Reihe an sich eingegangen. Ich denke wer es kennt, für den kann sich auch dieses Spiel lohnen. Wer noch gar nichts mit der Reihe zu tun hatte, wird durch die notwendigen Vorarbeiten vermutlich eher abgeschreckt – daher spare ich mir diesen Teil hier.

Wie fandet ihr das Spiel? Seid ihr Fans der Reihe, habt ihr „New Vegas“ selbst gespielt oder es noch vor? Wie steht ihr zu dem Bug-zu-Story-Verhältnis in Fallout? Diskutiert gerne auf Discord mit!