Zum Sterben zu arm

Das heutige Spiel ist ein Ergebnis aus dieser seltsamen Übergangzeit der Computerspiele, in der Point&Click-Adventures immer noch beliebt waren, 3D-Grafik aber als Pflicht angesehen wurde – mehr von den Entwicklern als von den Spielern meiner Erfahrung nach. „Grim Fandango“ reiht sich hier mit einer ganz eigenen Story ein – wie mir das Ergebnis gefällt, lest ihr hier.

Ich ordne das Spiel zwar unter Point&Click ein, die originale Version von 1998 konnte das aber technisch gesehen gar nicht – man steuert den Hauptcharakter immer direkt per Joystick oder Tastatur. Unsere Remastered-Version hätte auch die Steuerung der Maus unterstützt, wir haben es allerdings lieber mit dem Xbox-Controller gespielt – das hat auch sehr gut funktioniert.

Das Inventar beispielsweise war definitiv für Controller ausgelegt

Vor allem die Story ragt bei diesem Spiel aber heraus, denn sie spielt vollständig im Reich der Toten – genauer gesagt, im Reich zwischen den Lebenden und dem Jenseits, wo man seine ewige Ruhe finden kann. Jeder Mensch sammelt im Laufe seines Lebens Punkte, wodurch sich dann bestimmt, wie schnell man seinen Frieden findet – besonders gute Menschen fahren wenige Stunden Zug durch die Zwischenwelt, besonders schlechte Menschen müssen jahrelang zu Fuß gehen oder sich sogar erst ein Ticket ins Jenseits in der Zwischenwelt erarbeiten.

Genau so ein Fall sind wir: wir müssen arbeiten. Als Reiseplaner kommen neu Verstorbene zuerst zu uns und wir planen dann, wie diese weiter dürfen. Dabei fällt uns etwas auf: viele besonders gute Menschen bekommen trotz tadellosem Lebenslauf keine Zugtickets, sondern müssen zu Fuß reisen – es scheint ein Fehler im System zu sein. Als eine besonders gute Frau nicht nur kein Zugticket bekommt, sondern auch noch aus unserem Büro verschwindet, handeln wir – und ohne zu viel zu spoilern kann ich sagen, dass es nicht bloß ein einfaches Versehen war, was zur massenhaften Unterschlagung der wertvollen Tickets geführt hat.

Unser verhasster Kollege verkauft noch gute Tickets – Zufall?

Auf unserer Reise durch die Zwischenwelt, um die geheimnisvolle Frau zu finden und das Rätsel der verschwundenen Tickets zu lüften, lernen wir diverse Charaktere kennen, die uns teilweise sehr auf unserer Suche helfen. Vor allem ein Dämon namens Glottis weicht dabei nicht von unserer Seite und hilft uns in vielen Situationen weiter (wobei er uns in manche zugegebenermaßen auch erst hineinmanövriert). In klassischer Point&Click-Manier laufen wir nun also durch eine spannende Welt und lösen durch unsachgemäße Nutzung diverser Gegenstände viele komplexe, aber interessant gestaltete Rätsel.

Dabei merkt man dem Spiel das Alter durchaus nicht nur an der etwas in die Jahre gekommenen Grafik an. Die Rätsel lassen teilweise grundlegende Quality-of-Life Features vermissen, an die man sich im Laufe der Jahre so gewöhnt hat. Eine Hilfe-Funktion gibt es nicht, genau so wie eine Schnellreisefunktion. Alles in allem ist das aber zu verkraften, und der Low-Poly 3D Stil der Charaktere und Objekte vor eindeutig zweidimensionalen Hintergründen hat auch einen gewissen Charme. Der Sound ist an einigen Stellen unverhältnismäßig viel lauter und schriller als an anderen, aber auch das ist kein großes Problem.

Die Dialoge waren durchweg interessant gestaltet und immer mit einer Prise schwarzem Humor gespickt

Insgesamt machte die Technik einen sehr guten Eindruck, wie man es eben von einem Remaster erwartet. Wir hatten keinerlei Abstürze oder Bugs, es lief durchweg flüssig und wir haben uns auch nicht in irgendwelche Softlocks manövriert – sehr schön!

Einzig die Rätsel hätten an der ein oder anderen Stelle etwas besser sein können. Klassische Unannehmlichkeiten wie kaum vom Hintergrund zu unterscheidende Objekte sind ein Problem, was meines Erachtens nicht mehr auftreten sollte. Kleinere Ungenauigkeiten zwischen der Logik, die wir gelernt haben, und der, die wir am Ende anwenden sollten, waren nervig, aber auch nicht traugisch. Öfter mal haben wir aber aufgrund der Perspektive der festen Kamera bestimmte Räume oder Durchgänge nicht gesehen, was uns das Leben schwer gemacht hat – hier bestand definitiv Verbesserungsbedarf.

An dem Rätsel saßen wir eine Weile, weil das Schloss ein wenig anders funktionierte als erwartet

Alles in allem war das aber nicht schlimm. Wir mussten ein oder zwei Mal nach der Lösung suchen, da wir überhaupt nicht weiterkamen, aber das ist vertretbar. Vor allem die Story aber war sehr interessant gestaltet und sehr gut erzählt, sodass es mich die kleineren Macken des Spiels schnell vergessen ließ.

Es wurde sehr viel Liebe zum Detail gezeigt, was ich bei neu erschaffenen Welten sehr mag. Es gab sehr viel Galgen- und flachen Humor, was mich total begeistert hat, da er immer sehr passend rübergebracht wurde – insgesamt bin ich von diesem Spiel überzeugt und froh, es gespielt zu haben! Es erhält von mir definitiv eine Empfehlung, falls ihr es noch nicht gespielt habt.

Was denkt ihr über dieses Spiel? Mochtet ihr zuschauen oder war euch das Thema zu düster? Werdet ihr es selbst noch spielen? Diskutiert auf Discord mit!