No Man’s Skyrim oder: Fallout im Weltraum

Nachdem wir in diesem Jahr „No Man’s Sky“ wirklich intensiv gespielt haben (und am Ende arg enttäuscht wurden), hatte ich erstmal kein weiteres Weltraum-Spiel auf meiner Liste – bis ich auf „Starfield“ aufmerksam wurde. Bethesda bringt ein Space-Adventure Spiel heraus, und Gott und die Welt war gespannt darauf; anscheinend war es nur an mir komplett vorbei gegangen. Da es im GamePass war, haben wir es direkt zum Release gespielt – und ich ziehe ein überraschendes Fazit. Dieser Artikel enthält Spoiler!

Um das Spiel zu beschreiben, reicht es bereits in den Titel zu schauen: es ist eine Mischung aus „No Man’s Sky“ und klassischen Bethesda-Titeln wie „Skyrim“ oder „Fallout“. Im Kern ist es ein Action-RPG mit einer umfangreichen Story und vielen, vielen Nebenquests, vielen Möglichkeiten zu erkunden und sogar einem Basenbau-System – anstatt auf der postapokalyptischen Erde oder auf einem fiktiven Kontinent bewegen wir uns allerdings durch den Weltraum.

Als erstes einen Charakter erstellen

Angefangen wird im Charaktereditor. Ich bin bezüglich des Aussehens meines Charakters eigentlich recht emotionslos – es kommt meistens ein recht unscheinbar aussehender John Doe dabei heraus. Ich habe mich durchaus in einigen Einstellungen verloren, und die Kreationen anderer Spieler zeigen definitiv, was damit möglich ist – mich reizt es jedoch nicht besonders. Ausreichend viele Möglichkeiten, das eigene Antlitz anzupassen, hat man jedoch definitiv.

Und dann geht es auch schon ins eigentliche Spiel: wir sind ein Minenarbeiter auf einem Asteroiden, der dort seltene Metalle abbauen soll. Wir lernen in unserer kurzen Karriere als Kumpel die grundlegende Steuerung und Mechaniken des Spiels. Nachdem wir ein sehr seltsames Konstrukt finden, dass anscheinend die Gravitation manipuliert, fallen wir in Ohnmacht – als wir wieder aufwachen, treffen wir uns mit dem Käufer des seltsamen Objektes und werden in seine Organisation aufgenommen – Constellation.

Hinter Constellation steckt Walter Stroud – er bezahlt einfach nur alles

Das ist alles sehr stark vereinfacht, im Spiel wirkt es auf jeden Fall wie ein interessanter Einstieg. Wir lernen daraufhin, dass Constellation nach diesen Artefakten, wie wir eins gefunden haben, in allen bekannten Systemen sucht, weil sie sich dahinter Antworten auf die grundlegenden Fragen des Universums erhoffen, und wir helfen ihnen nun. Das Team um Constellation bietet uns dabei nicht nur die Quelle aller Hauptquests, sondern auch unsere Romantikoptionen – wir können mit jeweils zwei männlichen und weiblichen NPCs anbandeln. Die genauen Konstellationen scheinen dabei Variabel zu sein – manche NPCs sehen die Beziehung eher offen an, andere definitiv exklusiv.

Wir reisen also von nun an durch die Gegend und entdecken viele verschiedene Planeten und Welten, die uns entweder in der Hauptstory voranbringen, uns interessante Nebenquests bieten oder sich einfach als Ort für eine Basis eignen. Die Spielwelt ist hierbei grundsätzlich so offen wie in „No Man’s Sky“ (auch wenn es sehr viel weniger Planeten gibt, die – soweit ich weiß – auch nicht prozedural generiert sind), allerdings sind die wirklich interessanten Orte meist nur etwa drei bis vier Landepunkte auf jedem Planeten und ab und zu mal auf einem Mond.

Der interessanteste Ort ist definitiv der, an dem wir Andreja kennenlernten <3

Und hier kommen wir schon zur ersten Eigenheit von „Starfield“: dem Reisen. Während man in „No Man’s Sky“ praktisch immer selbst geflogen ist (abgesehen von den Sprüngen zwischen den Systemen), baut „Starfield“ sehr viel mehr auf die Schnellreise. Man kann andere Planeten nicht direkt anfliegen, sondern nutzt das Navigationssystem um sich zwischen und innerhalb der Systeme zu bewegen, sowie zur Landung. Dabei macht das Speichermedium des Spieles wohl einen großen Unterschied. Während es sich mit meiner NVME sehr flüssig spielte, schienen Nutzer einer SSD oder gar HDD eher einen Lade-Simulator vorzufinden, der den Spielspaß signifikant dämpfte.

Kam man dann aber an einem Ort oder einer Stadt an, konnte man sich darin recht frei bewegen – wie in „Fallout“ oder „Skyrim“ eben. Man konnte mit Leuten sprechen, Handeln, Nebenmissionen annehmen oder Straftaten begehen – letzteres natürlich nicht ohne Konsequenzen. Jedes System wurde von einer übergeordneten Gruppe kontrolliert, bei der man sein Kopfgeld bezahlen musste, bevor man wieder unbehelligt durch die Gegend laufen durfte – man konnte also zur Not in ein anderes System fliehen, falls man grade nicht flüssig war.

Auf seinen Reisen begegnete man auch interessanten anderen Schiffen

Die Nebenmissionen waren definitiv eine der Stärken in „Starfield“. Bethesda hat es aus meiner Sicht immer schon hinbekommen, große Welten zu erschaffen, in denen man sich verlieren kann. Die Planeten und Lebewesen in „Starfield“ wirken dabei nicht wie willkürlich zusammengewürfelt, sondern gut aufeinander abgestimmt, so als könne es dieses System wirklich geben – die enthaltenen Missionen bauten gut darauf auf und wirkten so authentisch. Dadurch konnte mich sich sehr gut darin verlieren und hatte gar keinen Blick mehr auf die Zeit oder das eigentliche Ziel, weswegen man zu einem bestimmten Planeten hinreiste. Die Charaktere und ihre Motivationen überzeugten mich auch an vielen Stellen, sodass für mich hier kaum Verbesserungsbedarf bestand.

Leider lässt sich kein Aspekt meines Lobes auf die Hauptstory anwenden. Ich möchte trotz der Warnung oben so wenig wie möglich spoilern, allerdings muss ich es so deutlich sagen: die Hauptstory war scheiße, die Hauptmissionen nicht unbedingt. Während es durchaus viele Missionen gab, die sehr viel Spaß gemacht haben zu spielen und die durchaus interessante Denkansätze und Ideen hatten, ergibt die übergeordnete Story von vorne bis hinten keinen Sinn. Das Gameplay, das Setting, die Charaktere (vor allem Andreja, für diejenigen die dabei waren) waren sehr gut gemacht und geschrieben – die Gesamtkomposition war jedoch ein Schlag ins Wasser.

Keiner weiß, was das genau ist – aber jeder weiß, wie man einen Tisch dafür baut

Es fängt damit an, dass die Story sich ständig widerspricht. Direkt in der ersten halben Stunde ist nicht klar, wie viele Leute nun Ohnmächtig werden, wenn sie ein Artefakt berühren. Erst sind es einige, dann zwei, dann wieder drei, dann vielleicht doch nur wieder ich – wer weiß. Es ist unklar, warum überhaupt manchmal Visionen kommen und manchmal nicht – es scheint keinen offensichtlichen Grund dafür zu geben. Constellation sucht schon seit Jahren nach mehr Artefakten, findet aber nur sehr langsam welche – also, bis meine Hauptstory anfängt, dann ungefähr alle zwei Tage.

Ich könnte ewig so weitermachen – es gibt einfach viel zu viel, was schon beim ersten Hinhören nicht richtig schlüssig wirkt, aber auch vieles, was schlau klingt, es aber nicht ist. Dies wird vor allem gegen Ende der Hauptstory klar, mit dem Übergang zum New Game+. Hier wurde ich sehr negativ an „No Man’s Sky“ erinnert, weil da am Ende genau so ein pseudo-philosophischer Nonsens genommen wurde, um zu verstecken, dass man eigentlich keine Ahnung hatte, worauf man hinaus wollte – das fand ich sehr schade.

Wir hatten auch Superkräfte – woher, wieso, warum wurde nie geklärt

Mir ist durchaus bewusst, dass nicht jedes Spiel jeden Stein und seine Herkunft erklären muss – für ein Genre, dass definitiv Science Fiction ist, wurde hier jedoch sehr wenig Fantasie hineingesteckt. Man wiederholt einfach dieselben fünf leeren Phrasen, die jeder Hobbyphilosoph heutzutage aus seinem Sprüchekalender rezitiert um gebildet zu wirken, und nennt das die tiefgründige Hauptstory – davon war ich schon bei „No Man’s Sky“ enttäuscht, und ich bin es auch hier.

Aufgrund dieser Erfahrung und einiger anderer Punkte, die ich am NG+ nicht sonderlich gut gelungen fand, habe ich das Spiel dann auch beendet.

Dennoch, und das mag jetzt den ein oder anderen von euch überraschen, komme ich zu einem positiven Schluss: ich mag das Spiel und es hat mir sehr gefallen. Dabei möchte ich nicht sagen, dass das Spiel überragend gut war, das war es nicht; es war insgesamt im oberen Mittelfeld. Nichts besonderes, aber definitiv nichts, was ich bereue gespielt zu haben.

Es gab genug zu tun, und wurde nie weniger – aber auch nie frustrierend oder langweilig

Viele Hauptmissionen haben spielerisch Spaß gemacht und die Nebenmissionen waren allesamt sehr gut geschrieben und ausgeführt. Erkundungen haben sich durchweg gelohnt und haben Spaß gemacht. Für ein Bethesda-Spiel, und das muss ich so explizit erwähnen, war es erstaunlich bugfrei – wir mussten zwar ein, zwei Male neu laden, aber generell lies sich alles sehr schnell fixen und sehr gut aushalten. Es ist noch weit entfernt von perfekt, aber ein großer Schritt in die richtige Richtung.

An dieser Stelle sollten aber noch zwei Sachen erwähnt werden: zum einen habe ich „Starfield“ sehr günstig gespielt – es war ja im Game Pass. Zum anderen war ich nicht auf das Spiel gehyped, dazu hatte ich kaum Zeit, da ich erst so spät davon erfahren habe. Ich denke, dass beide Aspekte wesentlich zu meiner überraschend positiven Bewertung beitragen. Behaltet das bitte im Hinterkopf, wenn ihr es selbst spielt und euch fragt, ob ich noch ganz gescheit bin.

Meinen Intellekt habe ich bei den Schlössern zur Schau gestellt

Es gibt viele Aspekte, auf die ich in diesem Artikel nicht eingegangen bin; mit allen könnte ich vermutliche mehrere Bücher füllen. Ich bin auf diejenigen eingegangen, die bei mir den stärksten Eindruck hinterlassen haben. Falls das für euch andere sind, lasst sie mich gerne wissen!

Ich muss dieses Spiel noch eine Weile verarbeiten, freue mich aber, dass ich es gespielt habe. Was sagt ihr dazu? War es spannend zuzuschauen, habt ihr es selber gespielt und vielleicht eine ganz eigene Meinung dazu? Wie viele Bugs habt ihr gefunden? Diskutiert gerne auf Discord mit!