Um diesen Park mache ich einen Bogen

Heute sprechen wir über ein weiteres Spiel aus der Kategorie „Entwickler hassen anscheinend ihre Spieler“. Es reiht sich in die schon besprochenen, an die „Klassiker“ angelehnten Point & Click Adventures wie „Beyond the Edge of Owlsgard“ und „Justin Wack and The Big Time Hack“ ein – auf mehreren Ebenen. Denn auch in „Thimbleweed Park“ wurde ich leider sehr enttäuscht. Wieso genau, das lest ihr hier. Enthält Spoiler!

Ich denke auf die meisten Punkte brauche ich gar nicht mehr einzugehen – wenn euch Hintergrundwissen fehlt, lest bitte die Artikel zu Owlsgard oder Justin Wack. Dies hier wird einfach nur ein kleiner Rant darüber, was aus meiner Sicht alles schief gelaufen ist. Wir machen es kurz: technisch lief das Spiel gut. Keine Bugs, keine Abstürze, passt. So, das waren dann auch alle guten Punkte.

Vieles ist klassisches Point & Click

Dabei beginnt die Geschichte sehr vielversprechend: wir spielen als erstes das Opfer des Falles, den wir später lösen sollen. Er will sich unter einer Brücke, direkt an einem Fluss mit einem Informanten treffen. Kurze Zeit später ist er tot – und da kommen dann die eigentlichen Protagonisten ins Spiel.

Hauptamtlich den Fall lösen sollen zwei FBI-Agenten, deren Namen und Geschichten mir schon beim spielen völlig egal wurden. Man kann zwischen den beiden hin- und herwechseln, sie können sich gegenseitig Sachen geben, wir kennen das Spiel. Mit der Zeit kommen immer mehr spielbare Charaktere dazu, insgesamt werden es fünf. Jeder von Ihnen hat eine Aufgabenliste, die wir abarbeiten müssen – die Reihenfolge ist manchmal beliebig, manchmal so komplex voneinander abhängig, dass man schnell nicht weiter weiß – es ist aus meiner Sicht nicht sehr gut gemacht. Auch die Tatsache, dass manchmal notwendige Schritte einfach nicht in der To-Do-Liste auftauchen, ist grandios; man lernt in den ersten beiden Akten, sich sehr darauf zu verlassen, nur damit man danach in der Luft hängen gelassen wird. Top Game Design.

Man kann aber immer die Hilfe anrufen. Die hilft zwar nicht und es geht nur, wenn man ein Telefon hat, aber es ist auch sonst sehr nervig

Während die Aufgaben der beiden FBI-Agenten meistens recht gleich sind (in den ersten drei Akten, weiter habe ich nicht gespielt) und sich wenn dann nur minimal unterscheiden, so sind die Inventare klar voneinander getrennt. Das ist besonders genial, wenn einer der beiden entführt wird und für etwa zehn Minuten nicht mehr gespielt werden kann (das passiert zufällig zwischendurch mal für die „Spannung“), man aber eben auch nicht mehr an dessen Inventar kommt. Uns ist es bei zwei Entführungen insgesamt zwei Mal passiert, dass wir einfach nicht weiter machen konnten, bis das Spiel sich dazu bequemte, uns die Person wiederzugeben – top, macht Spaß sinnlos zu warten.

Es gibt aber auch genügend Orte, an denen eigentlich nichts ist, die man in der Zeit besuchen kann

Bei der ersten Rettung viel uns dann noch eine Unklarheit auf: sinnlose Aktionen. Bei der ersten Befreiung ist es notwendig, dass der jeweils andere Charakter eine Münze in einen Gulli fallen lässt – der weiß aber natürlich nicht wieso. Das ist aber gar kein Problem, er macht es trotzdem. An anderen Stellen wird sich aber schlichtweg geweigert, Aktionen durchzuführen, wenn sie keinen erkennbaren Sinn haben – insgesamt wirkt es recht zufällig und nur für den Zweck der Story passend, wann die Charaktere von den Zielen des anderen Wissen oder eben nicht, und demnach augenscheinlich unsinnige Aktionen auszuführen. Das ist super, weil man dann ab irgendeinem Zeitpunkt einfach herumprobiert und gar nicht mehr darauf schaut, was logisch ist und was nicht – dem Spiel ist es ja auch egal.

Auf die Spitze getrieben hat es das Spiel aber mit einem Gegenstand ganz besonders, nämlich der Kettensäge. Wenn man versucht, diese aus einem Gebüsch aufzuheben, wird einem direkt gesagt, dass das ein Fehler wäre und der Charakter weigert sich, diese mitzunehmen. Dies passierte wiederholt, weil ich der Überzeugung war, dass man die Säge doch braucht – am Ende tat ich es aber als Hommage an Zak McKraken ab.

Okay, dann scheint diese Säge wohl nicht wichtig zu sein, oder?

Plot-Twist: an irgendeinem Punkt, der mir absolut unbekannt ist, wird einem die Säge freigeschaltet und man kann sie nehmen. Klar, man versucht es nach mehreren Versuchen ja gar nicht mehr, aber das ist ja nicht die Schuld des Spiels. Diese Stelle hat mich so dermaßen aufgeregt, dass ich den Entwicklern nur noch warme Seiten auf ihren Kopfkissen wünsche, für den Rest ihres Lebens.

Aber Scherz beiseite, dieses Schema zieht sich leider auch sehr stark durch das Spiel. An anderer Stelle redet ein Postbeamter mit uns lang und breit über unsere FBI-Tätigkeit, gibt uns dann aber keinen Tesa-Film, weil der ja nur für Regierungsbeamte ist. Logisch, oder? Aber wir haben noch andere Punkte vor uns.

Eine Option des Spieles war es, Referenzen auf klassische Spiele und Pop-Kultur zu reduzieren. Meine Hoffnung war, dass mit dieser Option die wirklich langen und ausschweifenden Dialoge über Schwachsinn ein wenig reduziert würden – falsch gedacht, es ging wirklich um Objekte im Spiel. Dies führte zum einen dazu, dass man Sammelobjekte immer noch mitnehmen konnte, die aber gar keinen Sinn hatten, und durch diese Option war es nicht mehr ersichtlich, dass es eigentlich ein Easter-Egg war. Oder es führte zum verschwinden von Objekten – dies aber so prominent, dass man es für einen Hinweis im Fall, den man lösen sollte, halten konnte. Beispielhaft sei hier das verschwundene Poster aus dem Polizeirevier zu nennen, das eine offensichtliche und verdächtige Lücke hinterlässt – aber eben nichts mit dem Fall zu tun hat.

Die Option hält unseren Charakter aber nicht davon ab, sinnlos alle US-Bundesstaaten aufzulisten. Genial!

All diese Punkte, und noch viele mehr, haben mich wirklich sehr an diesem Spiel genervt – es gibt aber eine Sache, die mich wirklich aufregt. Relativ zu Anfang des Spiels trifft man auf zwei Klempner in Taubenanzügen (soll witzig sein, mein Humor war es nicht). Diese erklären einem lang und breit in einem „witzigen“ Bruch der vierten Wand, dass Spiele sich seit damals ja schon weiterentwickelt haben und es jetzt viele Komfortfunktionen gibt, damit sich der Spieler nicht mehr über unnötige Schritte oder Probleme aufregt.

Gleichzeitig ist die einzig wirksame Komfortfunktion das automatische Speichern – den Rest, vor allem durch solche Mechaniken wie das Verschwinden von Charakteren oder der absolut undurchsichtigen Reihenfolge, in der Aktionen ausgeführt werden müssen, haben die Entwickler eigentlich nur schlimmer gemacht. Ich hätte vor dem Spielen nicht gedacht, dass ich das sage, aber es war im letzten Jahr das schlechteste Point & Click Adventure, was ich gespielt habe – vielleicht sogar in den letzten 5-10 Jahren.

Selbst Justin Wack war besser, und das war schon nicht geil

Ich habe es schlussendlich abgebrochen, weil mir meine Zeit für so einen dampfenden Haufen Unglück zu schade ist – ich würde niemandem empfehlen, dieses Spiel zu spielen. Ich verstehe viele getroffene Entscheidungen nicht und sehe absolut keine Logik in vielen Rätseln und den meisten Aktionen der Charaktere – egal ob vom Spiel vorgegeben oder von uns ausgeführt. Ich habe keine Erklärung, wie dieses Spiel zustande gekommen ist – entweder die Entwickler hassen ihre Spieler, oder sie konnten es einfach nicht besser. Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein.

Was meint ihr? Könnt ihr meinen Ärger über dieses Spiel verstehen, fandet ihr es eigentlich gut oder seid ihr sogar Fans? Diskutiert gerne auf Discord mit!